Diese Seite wurde im Rahmen der Projektwoche zum 150-jährigen Jubiläum der Helene-Lange-Schule erstellt. Sie soll an die jüdischen Schülerinnen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus unsere Schule besuchten. Der folgende Zeitstrahl erfasst alle gesammelten Materialien in chronologischer Reihenfolge. Mithilfe der Tag-Funktion ist es möglich, nach einzelnen Biografien zu filtern. Zudem finden sich hier digital aufbereitete (Über)Lebensgeschichten einiger Schülerinnen.

1930

Hertas Geburt 16.7.1920 

Herta Rockach, geb. Neumann

Herta wird am 16. Juli 1920 geboren. Sie ist das einzige Kind ihrer Eltern Amalie und Wolf Neumann. Zunächst wohnt die Familie in der Gotenstraße, später ziehen sie in die Königsteiner Str. 38, wo sie auch Miteigentümer werden. Die Eltern haben ein Geschäft in der Dalbergstraße 2. Sie verkaufen Fahrräder, Nähmaschinen, Motorräder und vieles andere. Herta geht erst in die Oberfeldschule (heute Robert-Blum-Schule), nach dem Umzug besucht sie die Hostatoschule. Nach der Grundschule geht sie auf das Städtische Lyzeum Höchst bis 1935/36. Sie erlangt die Versetzung in die Oberstufe, wird aber nicht zugelassen, weil sie Jüdin ist. Sie möchte Kindergärtnerin werden. Das Geschäft der Eltern läuft ab 1933 immer schlechter, weil die Nazis zum Boykott jüdischer Geschäfte aufrufen. Die Verluste sind so groß, dass sie die Anteile des Hauses verkaufen müssen. Während dem Novemberpogrom wird das Geschäft von Nazis geplündert und die Scheiben werden eingeschlagen. Den Schaden muss die Familie selbst tragen. Laut einer Zeugenaussage aus dem Jahre 1962 wurden Waren im Wert von 40.000 bis 50.000 Reichsmark geplündert. Hertas Vater wird verhaftet und nach Buchenwald deportiert, wo er vier Wochen lang unter schrecklichen Bedingungen grundlos in Haft sitzt. Nach seiner Entlassung muss er sich zweimal pro Woche bei der Polizei melden. Der Familie werden all ihre Ersparnisse weggenommen. 1939 fliehen zunächst der Vater, dann Mutter und Tochter nach Belgien. Sie bereiten die Emigration in die USA vor und haben sogar schon Schiffskarten erworben. Doch 1940 wird Belgien von Deutschland überfallen. Nun ist die Familie hier nicht mehr sicher. Sie verstecken sich in einer Wohnung außerhalb von Brüssel. Vermutlich werden sie verraten und so werden Hertas Eltern 1942 in Brüssel verhaftet. Herta muss von Freunden zurückgehalten werden, weil sie zu ihnen will. Wolf und Amalie Neumann werden ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert, beide werden dort ermordet. Herta arbeitet in Brüssel als Krankenschwester. Am 05.04.1943 wird sie von der Gestapo „auf der Straße“ verhaftet und sechs Wochen in Dessin/Belgien festgehalten. Danach wurde sie nach Mechelen gebracht und am 06.04.1943 dort interniert. Am 19.04.1943 wird sie mit dem Zug XX Nummer 1068 nach Auschwitz deportiert, wo sie die Lagernummer 42669 erhält. Auf der Transportliste ist sie als Schneiderin geführt; sie arbeitet sowohl in der Häftlingsschneiderei als auch als Krankenschwester in Auschwitz. In Auschwitz kommt sie zuerst in den Block 10. In einem der Gutachten in der Entschädigungsakte heißt es: „Dort wurde sie kurz darauf den berüchtigten Sterilisationsexperimenten des Dr. Clauberg unterworfen, kahlgeschoren, entehrend entkleidet und auf dem Operationstisch festgeschnallt. Ohne Betäubung wurde ihr eine stark ätzende Flüssigkeit in die Geschlechtsteile gespritzt. Tagelang hatte sie starke Krämpfe im Unterleib und hohes Fieber….nach 6 Monaten wurde die gleiche Prozedur unter Aufsicht von Dr. Glauburg wiederholt“. Bei der Auflösung des Lagers im Januar 1945 muss sie mit anderen Frauen, nur unzureichend bekleidet und mit kleinen Brotrationen versehen, in einem 3-tägigen Schneesturm nach Gross Rosen marschieren. Von dort werden sie in offenen Viehwaggons nach Bergen-Belsen gebracht; sie erkrankt an Flecktyphus. Bei der Befreiung des Lagers ist sie zum Skelett abgemagert und mit Hungerödemen versehen. Ferner leidet sie an Herzmuskelschwäche und hat nur sehr schwach und unregelmäßig ihre Periode.

Sie emigriert 1947 nach Belgien, dann 1950 mit ihrem Verlobten Henry Rockach in die USA, wo sie 1952 heiraten. Der sehnliche Wunsch des Ehepaares, Kinder zu bekommen, bleibt aufgrund der erlittenen Misshandlungen im Vernichtungslager unerfüllt. Herta leidet zeitlebens an den Spätfolgen ihrer Internierung in Auschwitz. Sie stirbt 2007 in Florida.

Herta Rockach, geb. Neumann Biografisches

1927 

Klassenfoto 1927 heutige Robert-Blum-Schule, Herta markiert 3

1937 

Herta im Alter von 17 Jahren

Hertas Eltern 1937 

Hertas Eltern Wolf und Amalie Neumann

1937 

Anzeige des Geschäfts von Hertas Eltern im Höchster Kreisblatt 1937. Während des Novemberpogroms wurde das Geschäft zerstört und geplündert.

1960 

Herta und ihr Ehemann Henry 1960

1995 

Herta Rockach beim Interview der USC Shoah Foundation