Lotti Blumenfeld, geb. Levi Biografisches
Diese Seite wurde im Rahmen der Projektwoche zum 150-jährigen Jubiläum der Helene-Lange-Schule erstellt. Sie soll an die jüdischen Schülerinnen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus unsere Schule besuchten. Der folgende Zeitstrahl erfasst alle gesammelten Materialien in chronologischer Reihenfolge. Mithilfe der Tag-Funktion ist es möglich, nach einzelnen Biografien zu filtern. Zudem finden sich hier digital aufbereitete (Über)Lebensgeschichten einiger Schülerinnen.
1930
Lotti Blumenfeld, geb. Levi. Lotti lebt mit ihren Eltern Kallmann und Rosa Levi, geb. Friesem, den zwei Schwestern Betty (1906) und Else (1908) und dem Opa Moses Friesem gemeinsam in der Leverkuser Str. 9. Die Familie versteht sich gut mit den christlichen Hausbesitzern. Ihr Vater unterrichtet jüdische Religion am Städtischen Lyzeum Höchst und steht der jüdischen Gemeinde als Kantor vor. Ihre Mutter leitet die jüdische Frauenvereinigung. Lotti besucht erst die Hostatoschule, wird 1929 am Städtischen Lyzeum Höchst eingeschult und macht dort 1935 ihren Abschluss. Sie geht mit Ilse Gerson in eine Klasse, die beiden sind eng befreundet. Ihr Vater wird 1933 aus dem Schuldienst entlassen, weil er jüdischen Glaubens ist. Nach der Schule wird Lotti Krankenschwester. Ab 1937 arbeitet sie im Jüdischen Krankenhaus in der Gagernstraße in Frankfurt. Ein Jahr später, am 10.11.1938 während dem Novemberpogrom, erlebt die Familie schlimme Übergriffe während der Zerstörung der Höchster Synagoge. Lottis Vater versucht, die Bundeslade und einen Leuchter aus der brennenden Synagoge zu retten. Die Feuerwehr hilft nicht, sie ist nur gekommen, um das Übergreifen der Flammen auf andere Gebäude zu verhindern. Er wird von Nazis erbarmungslos zusammengeschlagen. Auch Lottis Opa wird angegriffen und kommt blutüberströmt zuhause an. Unbekannte versuchen, die Fenster einzuschlagen. Kurz nach diesen schrecklichen Erlebnissen verlassen die Levis das Zuhause, in dem sie 30 Jahre lang gelebt haben und ziehen nach Frankfurt. Lotti arbeitet weiter als Krankenschwester im Jüdischen Krankenhaus und lebt dort im Schwesternheim. Sie behandelt nach der Pogromnacht viele verletzte Juden. 1942 wird die ganze Familie bis auf Lotti in Vernichtungslager deportiert. Sie werden nach Theresienstadt, Majdanek und Auschwitz verschleppt. Dort werden ihr Vater, ihre Mutter, ihre Schwester Else und deren Mann und Kinder ermordet. Lotti bleibt nur ihre älteste Schwester Betty, die 1936 mit ihrem Mann nach Palästina auswandert und so den Holocaust überlebt. Als das Krankenhaus ein paar Monate später geschlossen wird, wird Lotti ebenfalls deportiert. Sie überlebt die Lager Reval und Stutthof. Nach dem Krieg kehrt sie nach Frankfurt zurück, heiratet Aron Blumenfeld und emigriert 1946 mit ihm nach Australien. Das Ehepaar bekommt 1947 eine Tochter, Ruth. Sie eröffnen ein Deli ( Sandwich- Shop) in Melbourne in der Nähe der Universität. Lotti stirbt im Jahre 1999 im Alter von 80 Jahren. Im November 2023 habe ich ihre Enkelin Adina kontaktiert. Sie lebt in den Niederlanden und arbeitet als Lehrerin. Sie brachte ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass sich unsere Schule an ihre Großmutter und an ihren Urgroßvater erinnert. Sie plant, Höchst und unsere Schule in näherer Zukunft zu besuchen.
Lottis Einschulung an der Hostatoschule

Kallmann Levis 25-jähriges Dienstjubiläum. Kallmann und Rosa Levi in der Mitte.

Wanderung im Taunus 1931, auf dem Baumstamm sitzend: Ilse dritte von hinten, Lotti fünfte von vorn.
Schulausflug des Lyzeums 1933: Ilse mittig mit Halstuch, Lotti rechts hinter der Lehrerin im weißem Kleid
Abschlussbild der Schülerinnen des Jahrgangs 1935. Ilse vorn 2. von rechts, Lotti oben mittig (weiße Knopfleiste)

Abschlussbild der Schülerinnen des Jahrgangs 1935, Lotti vierte von rechts, Ilse sechste von rechts
Lottis Familie: von rechts nach links: stehend Kallmann Levi, Lotti, Else, die Mutter Rosa, Betty, davor sitzend Moses Friesem mit einem Urenkel.

Arbeitslager Reval Winter 1942/43, Lotti mit weißer Latzhose.

Lotti 1946 mit ihrem Ehemann Aron Blumenfeld.
https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn51072
1989 hat Lotti der USC Shoa Foundation ein 45-minütiges Interview in englischer Sprache gegeben, das hier nachzuhören ist.

Das Ehepaar Blumenfeld auf einer seiner Deutschlandreisen in Frankfurt vor dem Museum Judengasse 1991

Lotti Blumenfeld in Melbourne